Teil 23: Erste Momente

Wehen machen keinen Spass. Egal wie gross das Kind ist. Auch nicht im rosaroten Nachhinein. Die Erfahrung der Geburt aber, ist eine der eindrucksvollsten in meinem Leben.

Zwei Augen, eine Stirn, der Haaransatz, dahinter schwarze klebrig feuchte Haare, ein offener Mund, zahnlos und immer wieder diese Stirn, etwas platt und oben abgerundet und dann war Milla auch schon wieder weg. Und ich war sehr erleichtert, dass sich um sie gekümmert wurde. Ich lag noch im Kreißsaal, wie alle anderen Mütter auch nach der Geburt. Und doch war das anders, weniger romantisch vielleicht, und irgendwie wusste ich nicht recht, was ich nun anfangen sollte. Da war etwas Großartiges passiert, das hatte mich überrollt und ich zitterte noch und nun war wieder gut und die Beruhigung kam. Und ich wusste, es gab da jetzt wen oder was und die oder das war irgendwoanders und das war gut so. Ich wollte da gerne hin, aber in diesem Moment auch nicht zwingend. Es war erstmal in Ordnung so, mehr Personen waren wir vor dem Großereignis schließlich auch nicht und die oder das Fehlende fehlte schon, aber noch nicht so massiv. Gianni wurde zur Kommunikationszentrale und ich versuchte noch eine ganze Zeit später meine zittrigen Knie unter Kontrolle zu bekommen.

Teil 23: Erste Momente

Als der zweite Moment dann gekommen war, sass ich im Halbdunkel im Rollstuhl und wurde auf die Neonatologie gefahren. Es piepste, es gab Glaskästen, hin und wieder blaues Licht. Im letzten Raum, ganz am Ende, am Fenster, da gab es einen Kasten mit einem Namensschild, auf dem stand: Milla. Ich saß vor diesem Kasten und sah einen kleinen Menschen, der mir gar nicht so klein vorkam. Da war einfach alles dran. Und ich bemerkte, dass ich nie erwartet hatte, einen großen Menschen auf die Welt zu bringen. Es war als sähe ich ein federloses Hühnchen und ich hatte sofort das Bedürfnis, dieses kleine Tierchen zu beschützen. Am besten, in dem ich es nicht anfasste. Ich machte das trotzdem, aber nur einen kurzen Augenblick, und dann schloss ich lieber wieder schnell das Glasmonster, damit es meinem Tierchen nicht kalt wurde. Meine Hand erschien mir wahnsinnig groß. Gianni machte gefühlte 200000 Fotos und ich blieb einfach nur vor dem Kasten sitzen und war total froh, dass alles war wie es war. Gut.

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