Teil 8: Moskau zuerst

Zwei Monate später.

Mit einem Reiserucksack auf dem Rücken lief ich durch die Gänge des Berliner Flughafens Tegel. Tocotronic auf den Ohren, Samstag ist Selbstmord. Das ist eine andere Baustelle, dachte ich, gab das Gepäck auf und ging zum Gate. Das Flugzeug war halb leer. Es war Januar. Ein Fensterplatz und ich freute mich wie ein kleines Kind. Ein Fensterplatz, wie lange war das her! Nach zwei Stunden nur noch kyrillische Schrift und kein Wort Englisch. Wo war die verdammte cash mashine? Der Schweiß lief mir an Körperstellen entlang, die mir lange nicht bewusst gewesen waren. Russland war verdammt warm im Winter. Mit Geld und Bahnticket schließlich verebbendes Tageslicht draußen und ein Stich in der Lunge, der blieb und blieb und der erst im Zug wieder nachließ. Neuer Schweiß. Jacke, Schal, Mütze und Pullover Nummer eins ausziehen, schnell! Ruckizucki wurde es dunkel in Domodedovo – war das nicht der Flughafen, wo vor einigen Monaten an der Gepäckausgabe eine Bombe explodierte? – und der Zug rollte Richtung Megacity.

Auf eine naive Art war ich zuversichtlich, dass ich das Hotel von Gianni, oder meines, schnell finden würde. Mit ein bisschen Bargeld ließe sich doch allerhand lösen! Der erstmalige Blick auf den Stadtplan erfolgte ein bisschen spät, ich gebe es zu, aber ich hatte so ein verdammtverdammtverdammtes Glück! Der Zug stoppte und ich las in lateinischer Schrift den Namen von Giannis Hotel, direkt gegenüber dem Bahnsteig. Pullover Nummer eins, Schal, Mütze, Jacke wieder an. Und raus.

Christine in Moskau
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